KPOL - Medien- und Kommunikationspolitik

Inhalte

  • Gegenstand der Kommunikationspolitik
  • Bedeutung der Kommunikationspolitik
  • Ziele der Kommunikationspolitik
  • Formen der Kommunikationspolitik
  • Instrumente der Kommunikationspolitik
  • Akteure der Kommunikationspolitik
  • Einsatzbereiche der Kommunikationspolitik
  • Öffentlichkeitskonzepte
  • Verhältnis von Öffentlichkeit, Demokratie und Medien politische Besonderheiten und die transformierte Staatlichkeit im Mediamatiksektor
  • Kommunikations-, Meinungs- und Informationsfreiheit
  • Demokratie
  • Überblick über die mediale Ordnungspolitik
  • Steuerungstheorien
  • Regulierungstheorien
  • Governancetheorien
  • Thematik
  • Öffentlichkeit
  • Mediamatik
  • Digitalisierung / Konvergenz
  • politische Herausforderungen durch Digitalisierung, Konvergenz, Liberalisierung und Globalisierung
  • Aktuelle Beispiele  

 

Über die VO: KPOL - Kommunikationspolitik (Christian Steininger)

Was ist Medien- und Kommunikationspolitik?  

Die Medien- und Kommunikationspolitik ist eine Teildisziplin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, die sich mit zumindest zwei zentralen Fragen beschäftigt: (1) Welchen Einfluss hat die Politik auf Strukturen, Prozesse, Akteure und Inhalte von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation? (2) Auf welche Art und Weise verändert solche Kommunikation die Strukturen, Prozesse, Akteure und Inhalte der Politik? Die Teildisziplin versteht sich als integrativ sozialwissenschaftlich und erhielt wesentliche theoretische Impulse aus der Politik- und Rechtswissenschaft (vgl. Jarren / Donges, 2007). Antworten auf obige Fragen werden aus unterschied­lichen Perspektiven gegeben: etwa der politischen Kommunikation (vgl. Schönbach 1998), der Mediensystemanalyse (vgl. Haas / Jarren, 2002), der Öffentlichkeits­soziologie und der hier vorgestellten Medien- und Kommunikationspolitik. Es gibt keine einheitliche Definition von Medien- und Kommunikationspolitik.  

Wie Politik generell kann in Anlehnung an den englischen Sprachgebrauch auch Medienpolitik in drei Dimensionen gegliedert werden:

(a) Die Policy-Ebene bezeichnet die inhaltliche Dimension. Politik wird hier als Verar­beitung gesellschaftlicher Probleme begriffen. Diese Ebene bezieht sich primär auf den politischen Output, in einem engeren Sinn auf die Ergebnisse der Politikformulierung (staatliche Programme, Gesetze) und die Durchführung dieser Programme. Auf der

(b) Politics-Ebene wird Politik zumeist als Konfliktaustragung begriffen. Diese Ebene ist geprägt von den Auseinandersetzungen der politischen Akteure, die ihre Ziele und Inhalte durchzusetzen versuchen. Hier geht es um Machtverhältnisse und Konfliktkonstellationen, die das Handeln der politischen Akteure prägen. Die

(c) Polity-Ebene wird auch als formale Ebene bezeichnet. Das Institutionengefüge, das der Politik zugrunde liegt, steht hier im Mittelpunkt. Es geht um den Ordnungs­rahmen politischen Handelns, um institutionelle Grundregeln, innerhalb denen Politik abläuft. Untersucht werden politisch relevante Strukturen wie Verfassungen und Verfahrensregeln. Im Medienbereich geht es auf dieser Ebene um die Kommuni­kationsverfassung, das Verständnis von Presse- und Informationsfreiheit und die Zuordnung medienpolitischer Kompetenzen.  

Die am Wiener Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft vertretene Medien- und Kommunikationspolitik behandelt folgende Themen:

(a) Definitionen und Dimensionen der Medienpolitik, Begründungen für Medienpolitik;

(b) Definitionen, theoretische Zugänge, Ziele, Akteure und Problemfelder für Regulierung und Governance;

(c) politische Entscheidungs- und Steuerungssysteme aus ökonomischer Sicht, Wirtschaft und Politik als interdependente Systeme, öffentliche und private Medien­institutionalisierung, Verhandlungssysteme und Kooperationsformen zwischen Staat und Privaten sowie

(d) Medienpolitik aus institutionen- und konstitutionenökonomischer Perspektive.  

Vor dem Hintergrund der referierten Themen wird Medienpolitik als problematisches Politikfeld beschrieben. Zwar soll der Staat ermöglichen, dass mediale Kommunikation stattfinden kann, er soll sie aber nicht lenken oder gar stören. Man kann diese Proble­matik als das Dilemma der Medienpolitik bezeichnen. Medienpolitik kann aber nicht nur auf den Staat und sein Handeln bezogen werden. Man muss auch die Bereiche Ökonomie, Gesellschaft und Technik in die Analyse mit einbeziehen. Tut man dies, kann man Medienpolitik als Handlungssystem oder Netzwerk verstehen (vgl. Donges, 2002). In einer stärker politikwissenschaftlichen Sichtweise kann ein solches Hand­lungssystem auch als Policy-Netzwerk betrachtet werden. Auch in solchen Netzwerken besteht für das politische System die Möglichkeit, institutionelle Kontexte zu verändern (vgl. Mayntz / Scharpf 1995). Das politische System kann steuern, indem es institutionelle Regelungen als Handlungskontexte für politische und andere Akteure setzt, die in Netzwerken und Verhandlungssystemen miteinander verbunden sind.    

Wozu Medien- und Kommunikationspolitik?  

Die Teildisziplin Medien- und Kommunikationspolitik dient der Erarbeitung von Orientierungswissen  und  ist für die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft unerlässlich. Dies soll folgend am Beispiel des Forschungsansatzes Politikfeldanalyse verdeutlicht werden. Voraussetzung für die Anwendung dieses Ansatzes ist, dass man Medienpolitik als eigenen Bereich von Politik, d.h. als Politikfeld begreift (vgl. Puppis, 2007). Die Politikfeldanalyse lässt sich nach vier Dimensionen differenzieren. (1) Zunächst kann der Prozess staatlicher Problemverarbeitung aus dem Blickwinkel einzelner Politikbereiche oder Politikfelder analysiert werden (etwa aus der Medien-, der Industrie-, der Wettbewerbs-, der Kultur- oder der Technologiepolitik). (2) Dann kann unterschieden werden, welche Faktoren in die Analyse einbezogen werden, d.h., ob sich die Untersuchungen auf einen bestimmten Aspekt beschränken, oder ob auch externe Faktoren wie medienökonomische, soziale und medienrechtliche Elemente in die Analyse einbezogen werden.(3) Auch ist eine Einteilung in verschiedene Phasen des medienpolitischen Prozesses möglich. (4) Grundsätzlich kann entweder aus einer ex ante oder aus einer ex post Perspektive geforscht werden. Die vier genannten Klassifizierungsdimensionen schließen einander nicht aus, sondern können in einzelnen Studien in Kombination vorkommen.  

Auf Grund der Befunde handlungstheoretischer Ansätze der Politikfeldforschung hat das Konzept der Netzwerke für die Beschreibung und Analyse von Medienpolitik an Bedeutung gewonnen. Grundlegend für dieses Konzept ist der Umstand, dass die formalen Prozesse und Verfahren politischer Entscheidungsfindung zunehmend an Bedeutung verlieren und durch Beziehungsgeflechte (sogenannte Netzwerke) ersetzt werden. Netzwerke kommen vor allem in Gebieten vor, die staatlicher Regulierung besonders ausgeprägt unterliegen, also bei Marktordnungen, zum Beispiel der des Rundfunkmarktes (vgl. Hannerer / Steininger, 2009). Dabei entscheidet der Staat letztlich über eine Regulierungsform oder Rechtsänderung nicht mehr hoheitlich-autonom, sondern im Einvernehmen mit den betroffenen Akteuren. Als ein Beispiel korporatistischer Entscheidungsfindung im Medienbereich gilt das Aushandeln der Vorschriften zur Sicherung der Meinungsvielfalt. Erklärt wird die wachsende Bedeutung von Verhandlungssystemen als Steuerungssystem u. a. mit der wachsenden Komple­xität moderner Gesellschaften. Umstritten ist, ob durch Netzwerkbildung die Problem­lösungsfähigkeit des politischen Systems insgesamt steigt. Denn die Teilnahme am Verhandlungssystem und Interessensausgleich ist nicht zuletzt abhängig von der Organisierbarkeit der Teilnehmer und ihrer Ressourcenstärke. Schwer organisierbare gesellschaftliche Gruppen wie Medienkonsumenten sind nicht adäquat vertreten, so dass häufig eine Einigung auf ihre Kosten erfolgt.  

Literatur  

Donges, Patrick: Rundfunkpolitik zwischen Sollen, Wollen und Können: eine theoretische und komparative Analyse der politischen Steuerung, Wiesbaden 2002.

Haas, Hannes/Jarren, Otfried (Hrsg.): Mediensysteme im Wandel: Struktur, Organisation und Funktion der Massenmedien, Wien 2002.

Hannerer, Regina/Steininger, Christian: Die Bertelsmann Stiftung im Institutionengefüge. Medienpolitik aus Sicht des ökonomischen Institutionalismus, Baden-Baden 2009. Jarren, Otfried/Donges, Patrick (Hrsg.): Ordnung durch Medienpolitik? Konstanz 2007.

Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W.: Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus. In: Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W. (Hrsg.): Gesellschaftliche Selbstregulierung und politische Steuerung, Frankfurt am Main 1995, S. 39-72. Puppis, Manuel (2007): Einführung in die Medienpolitik. Konstanz: UVK.    

 

 

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