WIRK - Rezeptions- und Wirkungsforschung

Inhalte:

  • Felder der Medienwirkungsforschung

  • Modelle der Wirkungsforschung

  • Methoden der Wirkungsforschung

  • Einstellungsänderungen

  • Meinungsänderungen

  • Gruppeneffekte

  • Themenstrukturierung

  • Themenakzeptanz

  • Werbewirkungsforschung

  • Mediennutzung

  • Medienaneignung

  • Wirkungen von Unterhaltung

  • Medium und Gesellschaft

  • Konstruktivismus

Über die VO: WIRK – Wirkungsforschung

Gegenstand des Faches

Das Fach "Rezeptions- und Wirkungsforschung“ beschäftigt sich mit allen Forschungs­fragen, die sich auf die Rezipientinnen und Rezipienten von Medienangeboten beziehen. Der Gegenstandsbereich umfasst dabei die

  1. Nutzung (Zuwendung zu und Auswahl von Medienangeboten),

  2. Rezeption (Wahrnehmung, Verarbeitung und Interpretation der kontaktierten Medienangebote),

  3. Aneignung (Integration des Rezipierten in die je eigene Lebenswelt) sowie

  4. die Wirkungen von Medienangeboten.

 

Die Vorlesung behandelt die ganze Bandbreite der Medienwirkungsforschung - vom Agenda-Setting über die Schweigespirale bis hin zu Wirkungen von Mediengewalt. Wir beginnen mit einem historischem Überblick über die verschiedenen Vorstellungen, wie Medienwirkung überhaupt zustande kommt und wie man sie feststellen kann, und wende diese Kenntnisse dann systematisch auf die einzelnen Wirkungsfelder an. Immer wieder werden wir dabei auf persuasive Effekte eingehen.

Forschungsbeispiele

Klassische Fragen der Medienwirkungsforschung sind beispielsweise: Welchen Einfluss haben Fernsehnachrichten auf die öffentliche politische Meinung? Machen gewalthaltige Computer-Ballerspiele (z. B. Ego-Shooter) die Nutzer aggressiver? Schadet Fernsehen der Entwicklung von Kindern? Beeinflussen Sendungen wie Austria's next Topmodel die Schönheitsvorstellungen von Jugendlichen?

Die empirische Medienwirkungsforschung hat verschiedene Zugänge, um diese Fragen zu beantworten. Die eine Richtung untersucht dabei im Allgemeinen kausale, also ursächliche Einflüsse der Medien auf Menschen und Gesellschaft. Die Medien­botschaft wird dabei als ursächlicher (also erklärender) Einfluss gesehen. Das ein­fachste Modell, das diese kausalen Beziehungen beschreiben kann, ist das Stimulus-Response-Modell. Es setzt den Stimulus (z.B. eine Fernsehbotschaft) in Beziehung zu der Reaktion (Response), die z.B. aggressives Verhalten sein kann. Die zentrale Frage der Stimulus-Response-Forschung ist also: „Was machen die Medien mit den Menschen?“. Ausdifferenziert wurde die Stimulus-Responseforschung dahingehend, dass individuelle Merkmale (z.B. Bildung, Alter oder Geschlecht)  die potentiellen Medienwirkungen einschränken können.

Eine andere Forschungsrichtung nimmt die Perspektive des Publikums ein und stellt sich die Frage: Was machen die Menschen mit den Medien? Der aktive Rezipient steht hier im Mittelpunkt. Der aktive Rezipient ist den Medieninhalten nicht hilflos ausge­liefert, sondern sucht aus was er rezipiert, welchen Nutzen es für ihn hat und wie er oder sie das rezipierte in die eigenen Anschauungen integriert

Das Fach Medienwirkungsforschung beschäftigt sich anhand von Schlüsselwerken und anschaulichen Studien mit den Theorien über Medienwirkungen.

Ein wichtiges Feld ist die Wahlforschung und die Frage, inwieweit die Medienbericht­erstattung Menschen in ihrer politischen Meinung und ihrem Wahlverhalten beeinflusst. Aus diesem Bereich stammt eine klassische Studie der Wirkungsforschung: Anfang der 40er Jahre führten die Wissenschaftler Lazarsfeld, Berelson und Gaudet beglei­tend zum amerikanischen Wahlkampf eine Studie durch, die einen indirekten Einfluss der Massenmedien fand: Die Forscher stellten fest, dass die Massenmedien die Menschen nicht unmittelbar und direkt bezüglich ihrer politischen Einstellung beein­flussen, sondern dass dies über einen „Umweg“ geschieht. Die befragten Personen der 40er Jahre ließen sich vielmehr von Meinungsführern (Opinion-Leader) beeinflussen. Diese Meinungsführer waren aktive Personen, mit vielen Kontakten, die wiederum die Massenmedien nutzten und interpretierten. Somit prägte diese Studie die Begriffe „Opinion-Leader“ und „Zwei-Stufen-Fluss“ der Kommunikation.

Heute untersuchen Medienwirkungsstudien sehr häufig die „Agenda-Setting-Funktion“ der Massenmedien. Dies bedeutet, dass die Massenmedien weniger Einfluss darauf haben was wir über bestimmte Ereignisse denken, sondern vielmehr bestimmen was wir für wichtig und relevant halten. Einer der wohl am häufigsten zitierten Sätze lautet:

„The Press ‚may not be successful much of the time in telling people what to think, but it is stunningly successful in telling readers what to think about“ (McCombs / Shaw 1972).

Nicht nur Wissen und politische Einstellungen unterliegen einem medialen Einfluss, sondern auch tiefer liegende Wertvorstellungen und Weltbilder. Werte und Normen einer Gesellschaft werden unter anderem durch Massenmedien transportiert, vom Publikum rezipiert und unter Umständen in Lernprozessen angeeignet. Die Soziali­sa­tionsforschung untersucht inwieweit Massenmedien Werte und Normen transportieren und wie diese durch die Rezipienten angenommen werden. Eine ähnliche Perspektive nimmt die Kultivierungsforschung ein. Die Kultivierungshypothese besagt, dass Zuschauer z.B. durch intensive Fernsehnutzung die Welt so wahrnehmen, wie sie im Fernsehen dargestellt wird. Dabei prägen die so genannten kulturellen Faktoren der Fernsehbotschaft unter Weltbild.

Gewalt und Verbrechen eignen sich besonders, um Kultivierungseffekte zu unter­suchen, da Fernsehwelt und Realität deutlich auseinanderklaffen. Die Fernsehwelt ist wesentlich gewalttätiger (z.B. in Krimis) als die reale Welt. In einer Studie aus den 70er Jahren stellte ein Forscherteam um George Gerbner fest, dass (weniger gebildete) Fernseh-Vielseher die Höhe von Gewaltverbrechen in der Realität deutlich über­schätzten. Die offizielle Polizeistatistik wies deutlich geringere Verbrechensraten aus. Gerbner und seine Kollegen nannten dies die „mean-world-view“ (also die böse Welt). Offen blieb bei diesen Studien jedoch, ob diejenigen, die die Außenwelt viel gewalt­haltiger einschätzen als die Realität, diese Weltsicht durch das Fernsehen vermittelt bekamen oder es vielmehr besonders ängstliche Personen sind, die viel Fernsehen, da sie sich vor der Außenwelt fürchten.

Neuere Untersuchungen weisen deutlich darauf hin, dass die Mehrheit des Publikums durchaus zwischen realer und fiktionaler Gewalt unterscheiden kann, deshalb konzentriert sich die Kultivierungsforschung auf subtilere Effekte. So gibt es bspw. eine Studie, inwieweit Krankenhausserien unsere Vorstellungen von Ärzten beeinflussen.

Weitere Felder der Medienwirkungsforschung sind z. B. die Glaubwürdigkeits­forschung, die Knowledge-Gap-Forschung, die Persuationsforschung und viele mehr.

 

Literaturempfehlung:

Pürer, Heinz (2003): Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Konstanz.
S. 359 – 386.

McCombs, Maxwell E. / Shaw, Donald L. (1972): The Agenda-Setting-Function of Mass Media. In: Public Opinion Quarterly 1972. S. 176 – 187.

Jäckel, Michael: Ein Studienbuch zur Einführung. 5. Aufl. Wiesbaden: VS Velag, 2011.

Schönbach, Klaus: Verkaufen, Flirten, Führen: Persuasive Kommunikation - ein Überblick. Wiesbaden: VS Verlag, 2009.

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