PSYCH - Medienpsychologie

Inhalte der Lehrveranstaltung

  • Grundbegriffe der Kommunikationspsychologie
  • Anwendungsbereiche der Kommunikationspsychologie
  • psychologische Grundlagen direkter Kommunikationsprozesse
  • psychologische Grundlagen vermittelter Kommunikationsprozese
  • psychologische Aspekte der Medienwirkung
  • psychologische Aspekte der Mediennutzung
  • Bearbeitung von Kognition und Kommunikation
  • empirische Medienpsychologie innerhalb der Individual- und Massenkommunikation
  • Analyse und Interpretation der Wirkung von Medien
  • Differentielle Medienrezeption
  • Einführung in Ansätze der empirischen Medienwirkungsforschung
  • Überblick über Rezipiententypologien
  • Einstellung und Verhalten
  • Wahrnehmungs- und Lerntheorien
  • Informationsverarbeitungstheorien
  • Persönlichkeitspsychologie
  • Emotionspsychologie

Über die VO: PSYCH - Kommunikationspsychologie (Peter Vitouch)

Medienpsychologie versucht auf der Basis psychologischer Theorien und sozialwissenschaftlicher Methoden die Interaktion zwischen Rezipienten und Medien zu beschreiben und zu erklären. Der medienpsychologischen Forschung geht es vorrangig darum, die psychologischen Grundlagen mit der Mediennutzung und Medienwirkung aufzuzeigen. Es soll anhand von ausgewählten Schlüsselkonzepten ein erster Einblick in das Fachgebiet gegeben werden (vgl. Mangold, Vorderer, & Bente, 2004; Witerhoff-Spurk, 2004; Vitouch, 2007; Krämer, Schwan, Unz, & Suckfüll, 2008).

1. Mediennutzung

Menschen nutzen Medieninhalte slektiv: Zuallererst müssen sich Personen entscheiden, welchen konkreten Medieninhalten sie sich zuwenden (Phänomen der selektiven Zuwendung). So kann etwa eine Präferenz für Boulevard- oder Qualitätszeitungen bestehen. Hat eine Person eine Präferenz fü Boulevardzeitungen, dann wird sie sich eher einem Expemplar dieser Kategorie zuwenden. Erst wenn sich eine Person für eine konkrete Boulevardzeitung entschieden, diese gekauft und einen konkreten Artikel ausgewählt hat, kann sie diesen lesen. Dieser Prozess erfolgt ebenfalls nicht bei allen Personen gleich. So wird etwa einigen Inhalten mehr Aufmerksamkeit geschenkt als anderen (Phänomen der selektiven Wahrnehmung). Auch die konkreten Inhalte, welche rezipiert werden, werden nicht gleich gut gemerkt (Phänomen der selektiven Erinnerung).

aufbauend auf diesen Grundüberlegungen können nun verschiedene Ansätze erwähnt werden, welche versuchen, bestimmtes Mediennutzungsverhalten zu erklären.

Der Uses and Gratifications-Ansatz geht davon aus, dass sich Rezipienten Medien auf Basis ihrer Bedürfnisse zuwenden. Ein konkreter Artikel über die Gentechnik wird etwa ausgewählt, weil er ein konkretes Bedürfnis nach Informationen besteht. Andere Personen können sich dem gleichen Text allerdings auch aus ganz anderen Bedürfnissen zuwenden(z. B. Unterhaltung, Themen für Anschlusskommunikation, berufliche Gründe).

Während der Nutzen und Belohnungs-Ansatz von einem stark aktiven Rezipienten ausgeht, interessiert im Rahmen des Selective Exposure-Ansatzes die Vermeidung von Inhalten. So konnte experimentell beobachtet werden, dass Personen häufig versuchen, Medieninahlten aus dem Weg zu gehen, welche mit ihren Einstellungen nicht konsistent sind, oder andere Strategien anwenden, um kognitive Dissonanz zu reduzieren. Hat eine Person etwa eine negative Einstellung egenüberder Gentechnik, dann sollte sie Pro-Gentechnik-Artikel eher vermeiden.

Der Mood Managment-Ansatz berücksichtigt die Stimmung der Rezipienten vor der Entscheidung zur Nutzung konkreter Inhalte. Es wir davon ausgegangen, dass Menschen grundsätzlich nach einer positiven Stimmung streben. Medieninhalte werden ausgewählt, um eine positive Stimmung hervorzurufen (bzw. diese zu erhalten). Befindet sich eine Person in einer schlechten Stimmung, so sollte sie - so die aus dem ansatz abgeleitete Hypothese - eher positive Inhalte wählen (z. B. um durch die Rezeption einer Komädie wieder lachen zu können). Dieser Ansatz erklärt allerdings nicht, dass sich Menschen freiwillig Inahlten zuwenden, welche etwa Trauigkeit hervorrufen. Oft wird jedoch die Rezeption von traurigen Filmen als besonders genussvoll erlebt. Dieser (scheinbare) Widerspruch wird als Sad Film-Paradoxon bezeichnet.

Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Ansätzen hebt der evolutionspsychologische Ansatz die Annahme hervor, dass Medienselektion auch durch unbeweusst arbeitende Prozesse geprägt ist, welche sich während der Geschichte der Menschwerdung (=Phylogenese) entwickelten. Mit diesem Ansatz kann etwa erklärt werden, warum gewalthaltige und sexuelle Medieninhalte einen starken Effekt auf die physiologische Erregung haben.

2. Medienwirkung

Neben der Frage: "Was machen die Menschen mit den Medien", kann auch gefragt werden: "Was machen die Medien mit den Menschen? Hier befinden wir uns im Bereich der Medienforschung (vgl. Bryant & Oliver, 2009). In der Öffentlichkeit wird of viel über die Macht der Massenmedien spekuliert. Die Vorstellungen sind in diesen Diskussionen, welche of wenig auf empirischer Evidenz aufbauen, zwischen den Polen der Allmachts- und Ohnmachtsvermutung angesiedelt.

Die Medienwirkungsforschung beschäftigt sich bereits mehrere Jahrzehnte intensiv mit dem Phänomen Medienwirkung. Medieneffekte wurden und werden of t in drei Effektebenen unterteilt: 1. Wissen; 2. Einstellungen, und 3. Verhalten. Während die erste Effektebene Wissen über die Realität (z. B. "Was ist Gentechnik?), haben Einstellungen eine evaluative Komponente. So kann die Einstellung gegenüber einem Einstellungsobjekt (z. B. Gentechnik) eher positiv oder negativ (=evaluative Komponente) sein. Es gibt Forschungsansätze, welche versuchen, auf Basis von Einstellungen das konkrete Verhalten von Personen (z. B. Abstimmung über ein Gentechnik-Verbot) vorherzusagen.

Neben der Gliederung der Effektebenen gilt es auch noch zu unterscheiden, ob es sich beim untersuchten Medienwirkungsphänomen um eher kurz- oder langfristige Wirkungen von Medieninhalten auf Einstellungen (Persuasionsforschung). Hier kam vor allem die Methode des sozialwissenschaftlichen Experimentes, welches für medienpsychologiesche Forschungsarbeiten einen hohen Stellenwert hat, zum Einsatz. Im Gegensatz zu Hovland untersuchten George Gerbner und Mitarbeiter die langfristigen Wirkungen von Medieninhalten auf die Realitätssicht (Effektebene: Wissen, aber auch Einstellungen) der Rezipienten. Im Unterschied zum Hovland'schen ansatz untersuchten Gerbner et al. die Wirkung des "Sysems der Botschaften" ("message system"). Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Wenn die unmittelbaren Effekte eines Artikels (z. B. über die Gentechnik) interessieren, dann werden kurzfristige Wirkungen im Stile der Hovland-Studien untersucht. Wird hingegen die Auswirkung der gesamten Berichterstattung über einen längeren Zeitraum betrachtet, dann werden langfristige Effekte im Stile Gerbners (=Kultivierungsforschung) untersucht.

 3. Methodisches Vorgehen: Das sozialwissenschaftliche Experiment als wichtige Methode

Wahrscheinlich ist die Methode des sozialwissenschaftlichen Experiment (vgl. Bortz & Die entstehen Interessen und Einstellungen? Böring, 2006) in keinem anderen Bereich der Medienforschung so zentral wie bei medienpsychologischen Untersuchungen. Daher soll auf diese Methode kurz eingegangen werden.

In einem Experiment wird die Wirkung eines Treatments unter kontrollierten Bedingungen untersucht. Bei medienpsychologischen Studien ist das Treatment meistens ein konkreter Medieninhalt. So könnte interessieren, ob Texte aus Tageszeitungen, in welchen die Gentechnik negativ bewertet wird, einen Effekt auf die Gentechnik-Einstellung der LeserInnen hat. 

Eine klassische Versuchsanordnung zur Überprüfung einer solchen Fragestellung wäre der Zweigruppenplan mit Vorher- und Nachher-Messung: Es werden in einem ersten Schritt Probanden für die Untersuchung angeworben. In einem zweiten Schritt wird jede einzelne Versuchsperson dem Zufall nach auf eine von zwei Gruppen zugeteilt ( = Randomisierung). Die randomisierte Zuteilung ist die beste Möglichkeit, personengebundene Störvariablen zu kontrollieren und hat zur Folge, dass sich die beiden Untersuchungsbedingungen im Hinblick auf relevante Variablen nicht bedeutsam unterscheiden. In einem weiteren Schritt wird bei allen Probanden die Gentechnik-Einstellung (= Vordermessung). Dann kommt Gruppe 1 (= Treatmentgruppe) Texte aus einer Tageszeitung, welche die Gentechnik eindeutig negativ bewerten. Gruppe 2 (= Kontrollgruppe) erhält vergleichbare Text, wobei die Gentechnik nicht negativ bewertet wird. Anschließend wird wieder die Gentechnik-Einstelluni mit der gleichen Messmethode erhoben (= Nachher-Messung). Unterscheiden sich die beiden Experimentalgruppen bei der Vorher-Messung nicht, bei der Nachher-Messung allerdings bedeutsam im Hinblick auf die Negativ gität der Gentechnik-Einstellung (Treatmentgruppe ist negativer eingestellt). dann kann auf einen Effekt der negativen Gentechnik-Texte geschlossen werden. Dadurch, dass das Treatment unter kontrollierten Bedingungen seine Wirkung entfalten konnte, kann der Forscher die Veränderung in der Gentechnik-Einstellung eindeutig der Wirkung des Treatments zuschreiben. Mann diesem Zusammenhang von einer hohen internen Validität.

4. Ausblick

Natürlich konnte in diesem kurzen Abschnitt nur ein grober Überblick über das Fachgebiet der Medienpsychologie gegeben werden. Auszugsweise seien weitere Fragestellungen genannt: 

  • Welche Faktoren machen Ereignisse überhaupt zu einer Nachricht?
  • Warum nehmen wir welche Information in welcher Menge wahr?
  • Warum und auf welche Weise rufen Medieninhalte Gefühle bei uns hervor?
  • Inwieweit wirken sich Schemata, Stereotypen und Klischees auf die Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung aus? Haben Medieninhalte einen Einfluss darauf?
  • Wie verarbeiten Menschen Informationen, die sie rezipieren?

Für detailliertere Einblicke sei auf die bereits zitierte Fachliteratur verwiesen. 

Literatur

Bortz, J., Döring, N. (2006): Forschungsmethoden und evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.

Bryant, J., & Olier, M. B. (2009): Media Effects. Advances in Theory and Research. New York: Lawrence Erlbaum associates. Inc.

Krämer, N., Schwan, S. Unz, D., & Suckfüll, M. (2008): Medienpsychologie. Schlüsselbegriffe und Konzepte. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. 

Mangold, R., Vorderer, P., & Bente, G (2004: Lehrbuch der Medienpsychologie. Göttingen. Hogrefe-Verlag.

Vitouch, P. (2007): Fernsehen und Angstbewältigung. Zur Typologie des Zuschauerverhaltens. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. 

Winterhoff-Spurk, P. (2004): Medienpsychologie. Eine Einführung. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.

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